Chemnitz – Eine Stadt, wo sich Faschist*innen wohlfühlen

Die 1990er Jahre gingen unter der Bezeichnung „Baseballschlägerjahre“ in das kollektive Gedächtnis von Antifaschist*innen, People of Color und Juden*Jüdinnen ein. Während sich Deutschland im Einheitstaumel befand kam es bundesweit zu progromartigen Ausschreitungen gegen Migrant*innen und Linke. Faschistische Gruppierungen schafften es in den 90er Jahren besonders in Sachsen, aber auch in Thüringen, rechte Hegemonien aufzubauen, in dem sie Gewalt anwendeten. (1)

Chemnitz war seit den 1990er Jahren eine Stadt, die davon nicht verschont wurde. Bis 1998 war die sächsische Sektion der rechtsterroristischen Gruppierung „Blood & Honour“ eine der aktivsten Divisionen in Deutschland. Unter dem Label „Chemnitz Concerts 88“ wurden in Chemnitz größere Konzerte für die rechte Lebenswelt organisiert. (2)

Als die Thüringer Rechtsterrorist*innen Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Uwe Bönhardt im Januar 1998 flüchteten, fanden sie in Chemnitz Unterschlupf. Hier konnten sie auf die breite Unterstützung der gut vernetzten rechten Szene bauen. Die örtlichen rechten Akteur*innen boten die Infrastruktur an, damit das NSU-Netzwerk ihre rechtsterroristischen Morde an neun Migranten und einer Polizistin zwischen 2000 bis 2007 verüben konnte. Alleine in Chemnitz wurden insgesamt acht Überfälle an Bankfilialen, Postfilialen und Supermärkten begangen, um ihr Leben im Untergrund finanzieren zu können. (3) (4)

In Chemnitz konnten sich faschistische Akteur*innen Anfang der 2000er bis heute weiter etablieren. Von „PC Records“, einem der aktivsten Neonazi Musik-Labels, zu der rechten Hooligangruppierung „HoNaRa“, von den „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ zum „Rechten Plenum“, von „Pro Chemnitz“ zur „AfD“ bis hin zur verbotenen „Revolution Chemnitz“ und dem neuen Hausprojekt der Identitären Bewegung: Die Liste rechter Strukturen könnte noch lange weiter fortgesetzt werden. (5) (6)

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass wir in Chemnitz eine rechte bis rechtsterroristische Szene vorfinden, die regional und bundesweit gut vernetzt ist, und über weitreichende Infrastruktur verfügt.

Seit dem 25. August 2018 hat sich diese bestehende rechte Hegemonie wieder und wieder bewiesen.

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1: Die Neonazi-Szene in Sachsen (1998) (Antifa Info Blatt 45)

2: Blood & Honour Sachsen (Antifa Info Blatt)

3: Das Netzwerk des NSU zwischen Chemnitz und Zwickau (Antifa Info Blatt 111)

4: Das NSU UnterstützerInnenumfeld zwischen Chemnitz und Zwickau (Antifa Info Blatt 113)

5: Instagram Nazikiez und schwarze Blöcke (Antifa Info Blatt 113)

6: Rechtes Plenum Chemnitz (Der Rechte Rand – Ausgabe 163)