Bisher haben zwei Termine am Landgericht Chemnitz stattgefunden. Am 11.12.23 fand der Prozessauftakt mit Anklageverlesung statt und am 13.12.23 sagten die ersten geschädigten Zeug*innen vor Gericht aus. Den ursprünglich 9 Angeklagten wird vorgeworfen, sich am 01. September 2018 nach einer Demonstration der AfD zusammengeschlossen zu haben, um Gegendemonstrant*innen zu suchen und zu verletzen. Die Gruppe umfasste zu diesem Zeitpunkt rund 15 bis 30 Personen. Teile dieser Gruppe bestanden aus gewaltbereiten und bekannten Faschisten aus Dortmund und Braunschweig: Hier zu nennen sind Steven Feldmann (Dortmund), sowie Pierre Bauer und Lasse Richei (Braunschweig). In mehreren Situationen griffen sie in der Stadt Gegendemonstrant*innen an, wobei es zu Einschüchterungen, der Zerstörung von mitgebrachten Fahnen und Transparenten, sowie Faustschlägen und Tritten kam. Davon betroffen war auch eine Gruppe aus Marburg, die sich auf dem Rückweg zum Bus befand und dabei angegriffen wurde.
Am ersten Prozesstag wurde die ermittelnde Beamtin des Staatsschutzes als Zeugin vernommen. Bei dieser Vernehmung zeigte sich deutlich, dass rechte Gewalt verharmlost wird. Auf die Nachfragen, warum es eine jahrelange Verschleppung der Prozesse gegeben hat, wurde folgendermaßen geantwortet: „Die Polizistin erklärte, dass das Ermittlungsverfahren wegen der Angriffe auf Gegendemonstrant*innen keine Priorität gehabt hätte und die Ermittlungen so die meiste Zeit von nur zwei Beamt*innen geführt wurden“.
Auch fassungslos macht die Situation mit den Angeklagten. Nach dem 13.12 gibt es von den ursprünglich 9 nur noch 3 Angeklagte für den ersten Prozessblock.
Wie vorab bekannt geworden, befindet sich der einschlägig bekannte Neonazi Steven Feldmann aus Dortmund seit dem 17. November auf der Flucht. An besagtem Tag hätte Feldmann seine Haft von 2 Jahren und vier Monaten (unter Berücksichtigung der Anrechnung der U-Haft Zeit) antreten müssen. Aufgetaucht ist er nicht. Stattdessen verkündete er auf Instagram am 15. November folgendes: „So Freunde! Meine „Abschieds-Rundreise“ ist fast geschafft. Die letzten Tage habe ich mir Serbien und Bulgarien gegönnt, heute gibt es einen abschließenden Tagesausflug nach Belgien und Frankreich“.
Der bekannte Kampfsportler Pierre Bauer aus Braunschweig meldete sich über seinen Anwalt: Er befände sich in einer psychiatrischen Klinik und könnte deswegen nicht am Prozess teilnehmen.
Ein weiterer Angeklagter aus Bulgarien lässt sich nicht ausfindig machen.
Bei zwei weiteren Angeklagten wurde das Verfahren eingestellt.
Am 13.12 wurde das Verahren gegen Rico W. mit der Zahlung von 1000 Euro eingestellt.
Und so waren es, schon nach zwei von elf Verhandlungstagen, nur noch drei Angeklagte. Ein juristisches und gesellschaftliches Trauerspiel.
Es zeigt sich in aller Deutlichkeit: Betroffene rechter Gewalt werden immer wieder im Stich gelassen. Ob von der Polizei, von der Justiz oder von der Gesellschaft. Die Prozesse gegen die angeklagten Faschisten in Chemnitz sind in ihrer Lächerlichkeit kaum zu überbieten.