Mobi-Input am 09.05 in Marburg

Chemnitz im Jahr 2018 – Bilder und Videos des deutschen Mobs gehen durch die Welt. Faschist:innen jagen unter Beifall von Bürger:innen People of Color, Journalist:innen und Antifaschist:innen. Es kommt zu einer Massenmobilisierung der Mosaikrechten aus der ganzen Bundesrepublik. Die Folge ist rechter Terror.

Im Zuge der Ausschreitungen wurden auch Gegendemonstrant:innen angegriffen. Unter ihnen nicht wenige aus Marburg. 6 Jahre später fanden die ersten Prozesse vor Gericht statt, nur ohne juristische Gerechtigkeit. Auch in diesem Jahr werden weitere Prozesstermine stattfinden.

Die Solikampagne für die Betroffenen rechter Gewalt Chemnitz-Marburg unterstützt die Betroffenen und wird die Geschehnisse kontextualisieren, sowie einen Einblick in die betroffenenzentrierte Solidaritätsarbeit geben.

Solidarische Prozessbegleitung 2025

Im Zuge der faschistischen Massenmobilisierung in Chemnitz 2018 kam es zu massiven Übergriffen auf Gegendemonstrant*innen. Die Prozesse im letzten Jahr endete für die Faschisten mit konsequenzloser Straffreiheit. Ein Nachbericht dazu findet ihr online beim Antifa Info Blatt (Ausgabe 142) mit dem Titel „Chemnitz: Milde Urteile nach Neonazi-Gewalt“ (1).

Im aktuellen zweiten Prozessblock stehen nun die Angeklagten im Fokus, die zum Tatzeitpunkt unter 21 Jahre alt waren. Das Verfahren wird derzeit gegen vier Personen fortgeführt: den bekannten Neonazischläger Lasse R. aus Braunschweig, Kevin J., Marvin C. und Robby S.

Die nächsten Prozesstermine am Landgericht Chemnitz (Hohe Straße 23) sind wie folgt angesetzt:

  • 13. Mai 09:00 Uhr
  • 14. Mai 09:00 Uhr
  • 20. Mai 09:00 Uhr
  • 21. Mai 09:00 Uhr
  • 27. Mai 09:00 Uhr
  • 28. Mai 09:00 Uhr
  • 17. Juni 09:00 Uhr
  • 18. Juni 09:00 Uhr
  • 19. Juni 09:00 Uhr
  • 01. Juli 09:00 Uhr
  • 02. Juli 09:00 Uhr
  • 03. Juli 09:00 Uhr
  • 28. Juli 09:00 Uhr
  • 11. August 09:00 Uhr
  • 27. August 09:00 Uhr
  • 17. September 09:00 Uhr
  • 18. September 09:00 Uhr

Nach aktuellem Stand gehen wir davon aus, dass die August-/September-Termine als Puffer vom Landgericht eingeplant wurden und daher zunächst nachrangig sind.

Wir als Solikampagne rufen erneut zu einer solidarischen Prozessbegleitung der Betroffenen auf. Kommt dafür mit uns in Kontakt!

(1): https://antifainfoblatt.de/aib142/chemnitz-milde-urteile-nach-neonazi-gewalt

Gastbeitrag im Antifa Info Blatt Ausgabe 142

Nachfolgend findet ihr unseren Artikel zum Ende des ersten Prozessblocks. Diesen könnt ihr auch unter folgendem Link nachlesen.

„Am 19. Januar 2024 endete ein zweimonatiger Prozess gegen Timo B. (30) aus Braunschweig, Mark B. (26) aus Rostock und Marcel W. (44) aus Chemnitz vor dem Landgericht in Chemnitz. Die vom Staatsanwalt als „Mitläufer“ bezeichneten Angeklagten legten ein Geständnis ab, in dem sie einräumten, dass sie Teil einer rechten Tätergruppe waren, aber bei den tätlichen Angriffen auf Gegendemonstrant*innen am 1. September 2018 in Chemnitz nicht selbst „zugeschlagen hätten“. Eine Distanzierung zur Tat fand nicht statt. Die Angeklagten schwiegen eisern darüber, wer beim Angriff beteiligt war, ob sich die Täter untereinander kannten und ob die Angriffe im Vorhinein geplant waren. Sichtlich erfreut waren am Ende nur die Neonazis. Das Verfahren wurde gegen die Auflage der Zahlung von 1.000 Euro eingestellt. 

Am anderen Ende des Saals: wütende und fassungslose Gesichter der Nebenklage. Ein weiterer Schlag ins Gesicht der Betroffenen. Dem Urteil vorausgegangen war eine fünfjährige Verschleppung der Gerichtsverfahren und eine überaus schlechte Ermittlungsarbeit der Behörden (und Betroffene, die in all den Jahren alleine gelassen wurden).

„Deutschlandverräter“

Bundesweit reisten Antifaschist*innen am 1. September 2018 nach Chemnitz, um sich dem rechten Mob mit Erfolg entgegenzustellen. Die Neonazi-Demonstration musste aufgrund von Blockaden von beherzten Antifaschist*innen am späten Abend aufgelöst werden. Eine Gruppe von 15 bis 30 Neonazis, unter ihnen bekannte Gesichter wie Lasse Richei, Pierre Bauer und Steven Feldmann, brachen in Richtung Innenstadt auf. Beobachter*innen gehen davon aus, dass sie „Zecken klatschen“ wollten. 

Nach Aussagen von Zeug*innen fiel das durchschnittlich junge Alter der Angreifer auf. Fotos der „Exif-Recherche“ zeigten die Gruppe der Angreifer vor der Tat am Rande der Demonstration.  

An der Ecke Annabergstraße/Moritzstraße fanden sie ihre ersten Opfer. Eine Gruppe abreisender Gegendemonstran­t*innen wurde unter „Adolf Hitler unser Führer“-Rufen umzingelt. Dabei wurden sie bedroht, ihre Fahnen entwendet und zerstört. Mit den Worten „Das sind ja gar keine richtigen Zecken, die laufen gar nicht weg“ zogen die Angreifer weiter. In unmittelbarer Nähe griff die Neonazi-Gruppe dann unter „Adolf Hitler Hooligans“-Rufen weitere Personen der Gegendemonstration mit Schlägen und Tritten an. Eine Zeugin berichtete dabei von sexistischen Drohungen. Kurze Zeit später erfolgte ein Angriff auf eine weitere Person, die zufällig vor Ort war und sich vorher nicht an der Gegendemonstration beteiligt hatte. Durch Faustschläge ins Gesicht wurde seine Brille zerstört und der Betroffene erlitt Schnittverletzungen im Bereich des Auges, die genäht werden mussten. An der Kreuzung Reitbahnstraße/Annenstraße kam es zu einem weiteren Angriff auf eine abreisende Gruppe von Gegendemonstrant*innen. 

Auch eine Gruppe von angereisten Marburger*innen wurde angegriffen. Auf dem Rückweg zum Reisebus gingen sie durch den Park der Opfer des Faschismus in Richtung Zschopauer Straße. Zeug*innen berichteten dabei, dass die Angreifer sich in einer Seitenstraße an einem Hauseingang gekauert hinter geparkten Autos versteckt hielten, bis sie mit Rufen wie „Da sind Zecken“ oder „Deutschlandverräter“ auf sie zustürmten. Mehrere Betroffene gaben an, dass die Neonazis mit Schlaggegenständen wie Knüppeln, Baseballschlägern und Teleskopschlagstöcken bewaffnet waren. Die Betroffenen erlitten Faustschläge zum Kopf und Gesicht. Eine Person of Color wurde von der Neonazi-Gruppe als Feindbild markiert und durch den Park gejagt. Bei der Zeug*innenvernehmung durch Polizist*innen am Reisebus kam es zu einem Wortgefecht. Dem Narrativ der Polizei, dass es sich hierbei um eine „Links-Rechts Auseinandersetzung“ gehandelt hätte, wurde widersprochen. Betroffene berichteten von Todesangst (und den psychischen Schäden), die der Angriff bei ihnen ausgelöst hatte. Teile der Neonazi-Gruppe wurden kurze Zeit später in der Nähe des Tatorts durch die Polizei aufgegriffen und ihre Identitäten festgestellt.

Sächsische Verhältnisse im Gericht

Das Landgericht Chemnitz unterteilte den Prozess gegen die rund 27 Angeklagten auf drei Prozessblöcke. Der erste Block fand von Dezember 2023 bis Januar 2024 statt. Zwei weitere Prozessblöcke sind zum aktuellen Stand noch nicht öffentlich terminiert. Für jeden dieser Blöcke werden jeweils neun Angeklagte verhandelt. Das Versagen zeichnete sich aber schon vor dem ersten Prozesstermin ab. Die Anklage gegen Heiko M. aus Freital und Daniel K. aus Dresden wurde vorher eingestellt, da sie in anderen Strafverfahren hohe Strafen erhielten. 

Der bekannte rechte „Influencer“ Steven Feldmann befindet sich auf der Flucht und ist seitdem nicht auffindbar. Gegen ihn wurde ein EU-Haftbefehl veranlasst. Auch das Verfahren gegen Grigor K. konnte nicht geführt werden, da er nicht auffindbar sei. Pierre Bauer, rechter Kampfsportler aus Braunschweig, würde sich in einer psychiatrischen Klinik befinden und könne deswegen nicht am Prozess teilnehmen. Die Anklage gegen Rico W. wurde schon am zweiten Verhandlungstag unter der Auflage einer Geldstrafe von 1.000 Euro eingestellt. Rico W. sagte aus, dass die meisten wie er nur „besorgte Bürger“ und keine Neo-Nazis seien. 

Von ursprünglich neun Angeklagten wurde das Verfahren gegen die drei übrig gebliebenen fortgeführt. Unter den Pflichtverteidiger*innen stach besonders der Anwalt von Mark B. hervor. Der rechte Szene-Anwalt Wolfram Nahrath war bis zum Verbot im Jahr 1994 Vorsitzender der „Wiking-Jugend“ und Funktionär der NPD. Nahrath verteidigte unter anderem Ralf Wohlleben beim NSU-Prozess und die notorische Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck.

Die fünfjährige Verschleppung der Gerichtsverfahren wurde von Seiten der Betroffenen, der Opferberatungsstellen und der Nebenklage-Anwält*innen schon vor der Eröffnung der Prozesse kritisiert. 

Der Eindruck, dass die Angriffe auf Gegendemonstrant*innen für sächsische Gerichte nicht von großer Bedeutung sind, erhärtete sich mit dem Beginn der Gerichtsprozesse. Am ersten Prozesstag sagte eine ehemalige Beamtin des Staatsschutzes aus, dass die Ermittlungen aufgrund der Angriffe auf Gegendemonstrant*innen keine Priorität gehabt hätten. Das Narrativ der „Links-Rechts Auseinandersetzung“ trug somit erheblich zu den schleppenden und fahrlässig durchgeführten Ermittlungen bei, und erklärt auch, warum das Gerichtsverfahren erst fünf Jahre später stattfand. 

„Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen“ 

Dass Staat und Judikative auf dem rechten Auge blind sind, mag nichts Neues sein. Die Wut darüber bleibt aber bestehen. Besonders, wenn wir uns den Verfolgungswillen der Behörden – vor allem in Sachsen – gegen Antifaschist*innen zu Vergleiche ziehen. Die Täter konnten bisher ohne Angst vor einer konsequenten Strafverfolgung weiterleben. Einige der Angeklagten radikalisierten sich in diesen fünf Jahren weiter und fielen durch nachträgliche Angriffe gegen People of Color und Antifaschist*innen auf. 

Es ist kein Zufall, dass seit Jahren ein Zuzug westdeutscher Neonazi-Kader wie z.B. Michael Brück nach Sachsen zu beobachten ist. Die sächsischen Verhältnisse, das Schweigen und Wegschauen bei rechter Gewalt und die permanente Raumnahme bieten für Neonazis großes Potential, eine rechte Hegemonie aufzubauen und ihre menschenverachtenden Vorstellungen in die Tat umzusetzen.

Ausblick

Ungeklärt bleibt die Frage, wie sich die Gruppe der Angreifer zusammenfand und wie diese Angriffe koordiniert wurden. Vieles spricht dafür, dass es sich hierbei nicht um eine Spontanaktion handelte. Betroffene sprachen immer wieder davon, dass die Angriffe sehr koordiniert und gut abgesprochen wirkten. Auch die Bewaffnung der Täter spricht dafür, dass sie vorbereitet die Konfrontation mit ihren politischen Feindbildern suchten. 

Noch sind die weiteren Prozesstermine gegen die übrigen Angeklagten nicht terminiert. Bei dem Ausgang des ersten Prozessblocks können wir damit rechnen, dass es nicht besser wird. 

Wir rufen weiterhin dazu auf die Betroffenen rechter Gewalt in den kommenden Prozessen zu begleiten. Das einzige, worauf wir uns verlassen können, ist die Solidarität untereinander.“

Die Justiz ist auf dem rechten Auge blind

Am 19. Januar 2024 erfolgte die Urteilsverkündung des Landgericht Chemnitz gegen die drei übrig gebliebenen Angeklagten. Der Vorwurf lautete Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung. Nach der Rekonstruktion waren die drei Angeklagten Teil einer 15 bis 20 köpfigen Gruppe, die sich nach dem Ende des rechten Schweigemarsches am 01. September 2018 zusammenfanden, um gemeinschaftlich die Konfrontation mit Gegendemonstrant*innen zu suchen und hierbei mit Knüppeln bewaffnet diese unvermittelt angriffen. Kurz nach diesen Angriffen wurde ein Teil dieser Gruppe noch vor Ort von Polizeikräften festgenommen und ID behandelt.

Nach einer fünfjährigen Verschleppung des Verfahrens und einer katastrophalen Ermittlungsarbeit der Behörden, wurde das Verfahren gegen die drei Angeklagten unter Auflage der Zahlung von jeweils 1000 Euro eingestellt. Die Angeklagten räumten ein, Teil der Gruppe gewesen zu sein, trugen aber nicht zu einer Aufklärung bei. Unklar verbleibt, wie die Tätergruppe sich gefunden hatte und wie die Planung der Angriffe verlief. Die Teilnahme bekannter rechter Straftäter wie Lassei Richei, Pierre Bauer und Steven Feldmann, sowie die Beschreibung der betroffenen Zeug*innen lässt vermuten, dass die Angriffe koordiniert und abgesprochen stattgefunden haben.

Das Ende des ersten Prozessblocks zeigt in aller Deutlichkeit, dass rechte Gewalt in Deutschland, und insbesondere in Sachsen, verharmlost und nicht geahndet wird. Die Betroffenen rechter Gewalt von Chemnitz 2018 wurden mit dem ersten Urteil im Stich gelassen. Das fatale Signal an die rechte Szene ist, dass sie bei Angriffen keine Strafverfolgung fürchten müssen.

Weitere Prozesse gegen die übrigen 16 Angeklagten wurden angekündigt. Die Prozesstermine dagegen sind noch nicht terminiert. Wir als Solikampagne rufen weiterhin dazu auf die Betroffenen nicht im Stich zu lassen.

Woche 1: Und schwups waren es nur noch 3 Angeklagte…

Bisher haben zwei Termine am Landgericht Chemnitz stattgefunden. Am 11.12.23 fand der Prozessauftakt mit Anklageverlesung statt und am 13.12.23 sagten die ersten geschädigten Zeug*innen vor Gericht aus. Den ursprünglich 9 Angeklagten wird vorgeworfen, sich am 01. September 2018 nach einer Demonstration der AfD zusammengeschlossen zu haben, um Gegendemonstrant*innen zu suchen und zu verletzen. Die Gruppe umfasste zu diesem Zeitpunkt rund 15 bis 30 Personen. Teile dieser Gruppe bestanden aus gewaltbereiten und bekannten Faschisten aus Dortmund und Braunschweig: Hier zu nennen sind Steven Feldmann (Dortmund), sowie Pierre Bauer und Lasse Richei (Braunschweig). In mehreren Situationen griffen sie in der Stadt Gegendemonstrant*innen an, wobei es zu Einschüchterungen, der Zerstörung von mitgebrachten Fahnen und Transparenten, sowie Faustschlägen und Tritten kam. Davon betroffen war auch eine Gruppe aus Marburg, die sich auf dem Rückweg zum Bus befand und dabei angegriffen wurde.

Am ersten Prozesstag wurde die ermittelnde Beamtin des Staatsschutzes als Zeugin vernommen. Bei dieser Vernehmung zeigte sich deutlich, dass rechte Gewalt verharmlost wird. Auf die Nachfragen, warum es eine jahrelange Verschleppung der Prozesse gegeben hat, wurde folgendermaßen geantwortet: „Die Polizistin erklärte, dass das Ermittlungsverfahren wegen der Angriffe auf Gegendemonstrant*innen keine Priorität gehabt hätte und die Ermittlungen so die meiste Zeit von nur zwei Beamt*innen geführt wurden“.

Auch fassungslos macht die Situation mit den Angeklagten. Nach dem 13.12 gibt es von den ursprünglich 9 nur noch 3 Angeklagte für den ersten Prozessblock.

Wie vorab bekannt geworden, befindet sich der einschlägig bekannte Neonazi Steven Feldmann aus Dortmund seit dem 17. November auf der Flucht. An besagtem Tag hätte Feldmann seine Haft von 2 Jahren und vier Monaten (unter Berücksichtigung der Anrechnung der U-Haft Zeit) antreten müssen. Aufgetaucht ist er nicht. Stattdessen verkündete er auf Instagram am 15. November folgendes: „So Freunde! Meine „Abschieds-Rundreise“ ist fast geschafft. Die letzten Tage habe ich mir Serbien und Bulgarien gegönnt, heute gibt es einen abschließenden Tagesausflug nach Belgien und Frankreich“.

Der bekannte Kampfsportler Pierre Bauer aus Braunschweig meldete sich über seinen Anwalt: Er befände sich in einer psychiatrischen Klinik und könnte deswegen nicht am Prozess teilnehmen.

Ein weiterer Angeklagter aus Bulgarien lässt sich nicht ausfindig machen.

Bei zwei weiteren Angeklagten wurde das Verfahren eingestellt.

Am 13.12 wurde das Verahren gegen Rico W. mit der Zahlung von 1000 Euro eingestellt.

Und so waren es, schon nach zwei von elf Verhandlungstagen, nur noch drei Angeklagte. Ein juristisches und gesellschaftliches Trauerspiel.

Es zeigt sich in aller Deutlichkeit: Betroffene rechter Gewalt werden immer wieder im Stich gelassen. Ob von der Polizei, von der Justiz oder von der Gesellschaft. Die Prozesse gegen die angeklagten Faschisten in Chemnitz sind in ihrer Lächerlichkeit kaum zu überbieten.

Start der Solikampagne

Die Bilder und Videos von Faschist*innen, die am 26. August 2018 und den darauffolgenden Monaten in Chemnitz auf offener Straße Jagd auf Migrantisierte und Geflüchtete machten, gingen durch die ganze Welt. Im Nachgang versprachen Politiker*innen eine schnelle Überführung der Angreifer und sprachen ihre Solidarität mit den Betroffenen aus. Passiert ist aber, wie so oft, wenig. Faschist*innen konnten ihre Hegemonie in Chemnitz festigen und rechte Gewalt bleibt in Sachsen Kontinuität. Der parlamentarische Arm der Rechten in Form der AfD liegt aktuell bei den Wahltrends an erster Stelle.

Die Betroffenen von Chemnitz 2018 wurden alleine gelassen. Die sächsischen Gerichte scheinen, in all der Zeit, ein geringes Interesse daran zu haben die Prozesse durchzuführen. Von den 27 angeklagten Faschisten befinden sich zwei auf der Flucht und sind untergetaucht. Circa 30 Betroffene werden als Zeug*innen und in der Nebenklage bei den anstehenden Gerichtsprozessen aussagen müssen.

Fünf Jahre lang mussten die Betroffenen warten. Fünf Jahre voller Unsicherheit und Enttäuschung. Fünf Jahre lang ohne einen Abschluss mit den traumatischen Ereignissen. Und dann, endlich, nach unzähligen Verschiebungen, wurden Ende 2023 überraschend die ersten Prozesstermine mitgeteilt. Im Kontext dieser Erfahrungen haben wir wenig Vertrauen darin, dass juristische Gerechtigkeit erfolgen wird. Wenn sie dies nicht bereits sind, werden sich diese Prozesse als eine Farce heraustellen.

Die Solidaritätskampagne „Chemnitz 2018: Kein Vergeben & Kein Vergessen!“ hat sich zusammengeschlossen, um die Betroffenen nicht alleine zu lassen, die sächsischen Verhältnisse zu kritisieren und bei rechter Gewalt nicht zu schweigen.

Chemnitz 2018: Verharmlost. Verdrängt. Vergessen.

Wir vergeben nicht. Wir vergessen nicht. Wir erinnern.

– Dezember 2023